Viele Operationen die man mit Signalen durchführen möchte sind im Frequenzbereich einfacher durchzuführen und zu verstehen als im Zeitbereich, dazu gehört insbesondere die Filterung (Glättung) von Signalen. Daneben sind in der Mess- und Sensortechnik Anregungen mit harmonischen Signalen einer bestimmten Frequenz beliebt, gekoppelt mit einer Auswertung bei dieser bestimmten Frequenz - dies führt zu viel stabileren Signalen, wie ich Ihnen beim Thema Kraftmessung noch vorführen werde.
Für nichtperiodische Funktionen kann man die Fouriertransformation benützen, die nun das Signal als Summe von allen möglichen Frequenzen schreibt, d.h. nicht nur die ganzzahligen Vielfachen einer Grundfrequenz. Die Fouriertransformation ist also einfach eine Verallgemeinerung der Fourierreihe für nicht-periodische Funktionen.
In der Übung wurde ein gleitender Mittelwert verwendet (orange innerhalb der verrauschten blauen Messdaten) um den Temperaturverlauf am Fenster "schöner" zu machen. Sie sehen in der Grafik dass das echte Signal, nämlich die langsame Temperaturänderung über die Zeit, eine Oszillation mit ca. 10'000 Sekunden "Periodendauer" aufweist. Es ist natürlich nicht periodisch, weil die Heizung nicht periodisch ein- und ausschaltet, manchmal etwas schneller, manchmal etwas langsamer - aber typischerweise schaltet sie alle paar Stunden ein. Das heisst dass im Nutzsignal (die geglättete Kurve) vermutlich Frequenzen vorkommen die tiefer sind als \(1/T\) mit \(T\) = 1 Stunde. Alle höheren Frequenzen haben mit der Heizung nichts zu tun und sind nur Rauschen. Man könnte also alle "schnellen" Änderungen (= schnell gegenüber den Änderungen im Nutzsignal) zu entsorgen versuchen, und das geht mit einem Filter der Frequenzen > 1/3600 Hz blockiert. In der Übung wurde ein gleitender Mittelwert verwendet, mehr als 255 Datenpunkte = 255 Sekunden war damit nicht möglich; und ein gleitender Mittelwert über 255 Sekunden würde zum Beispiel genau die Frequenz 1/255 Hz komplett blockieren (so wie die Integrationszeit im Multimeter die Netzstörung blockieren konnte, da genau über 1 Periode gemittelt wurde).
Gleitende Mittelwerte sind also eine Art Tiefpassfilter, aber nicht der "normalste" Typ Tiefpassfilter. Der allernormalste Tiefpassfilter ist Ihnen in der Vorlesung leicht verkleidet schon begegnet, und wird im nächsten Video vorgestellt und vorgeführt.
Am Schluss vom Video habe ich langsam die Grenzfrequenz des Tiefpassfilters kleiner gemacht. Welche zwei Effekte können Sie im grünen Signal (tiefpassgefiltert) beobachten?
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Jetzt wird es spannend: Sie wollen den Tiefpassfilter einsetzen um die letzte Woche gezeigte Datenerfassung zu verbessern. Vor die
Datenerfassungskarte mit Tastfrequenz 100 Hz soll der Tiefpassfilter geschaltet werden. Was für eine Grenzfrequenz würden Sie einstellen?
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Letzte Woche habe ich Ihnen vorgeführt wie die Datenerfassungskarte mit einer Tastfrequenz von 100Hz von Frequenzen grösser 50Hz in die Irre geführt wird, bzw. beispielsweise eine Frequenz von 90 Hz fälschlicherweise als 10Hz anzeigt. Die Lösung dafür ist dass man ein Tiefpassfilter vor die Datenerfassungskarte schaltet, das die höheren Frequenzen blockieren soll. Im nächsten Video mache ich den kombinierten Versuch mit der Datenerfassung via LabView mit 100Hz wie letzte Woche, aber nun noch mit einem Tiefpassfilter dazu.
Bei etwa 2:30 im Video ist der Tiefpassfilter auf \(R = 10k \Omega\) und \(C = 10 \mu F\) eingestellt.
Wie gross ist nun die Grenzfrequenz?
Ich lese bei 91 Hz eine Amplitude von etwa 0.02V ab, oder eine Unterdrückung um einen Faktor 50; bei 5Hz lese ich etwa 0.3 V ab, oder eine Unterdrückung um einen Faktor 3.
Wie stark wird das Signal bei 91 Hz etwa unterdrückt (Faktor wie viel kleiner ist es im LabView-VI als auf dem Oszilloskop)?
Wie stark wird das Signal bei 5 Hz etwa unterdrückt (ca. 3:00 im Video)?
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Versuchen Sie anhand der oben angegebenen Unterdrückungsfaktoren oberhalb der Grenzfrequenz eine allgemeine Gleichung anzugeben: Wie
gross ist der Unterdrückungsfaktor wenn das Signal N Mal höher ist als die Grenzfrequenz?
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Wenn man zwei Tiefpassfilter erster Ordnung hintereinander schaltet erhält man einen Tiefpassfilter zweiter Ordnung (und wenn man drei hintereinanderschaltet, einen Tiefpassfilter dritter Ordnung usw. ). Wie stark unterdrückt ein Tiefpassfilter zweiter Ordnung ein Signal einer Frequenz die N Mal höher ist als seine Grenzfrequenz?
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Viele Datenerfassungsgeräte haben eingebaute Tiefpassfilter, um die Störungen durch Aliasing zu verhindern, und auch im Datenerfassungsmodul das ich für diese Versuche verwendet habe ist dies nicht anders. Allerdings ist dieses Datenerfassungsmodul in der Lage mit bis zu 48'000 Samples/Sekunde zu arbeiten, also mit Samplingfrequenzen bis zu 48 kHz, d.h. es darf natürlich keinen Tiefpassfilter eingebaut haben der Frequenzen <24 kHz bereits unterdrückt, weil solche Frequenzen laut dem Abtasttheorem immer noch gemessen werden könnten.
Ganz allgemein sind fehlende (hohe Frequenzen werden falsch gemessen) oder vergessene Tiefpassfilter (höhere Frequenzen werden nicht richtig gemessen weil man vergessen hat dass irgendwo ein Tiefpassfilter ist) bei der Datenerfassung oft ein Problem.
Sie haben bereits gesehen wie man einen Tiefpassfilter als frequenzabhängigen Spannungsteiler bauen kann. Wie könnte man elektronisch einen Hochpassfilter konstruieren?
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Der Hochpassfilter wird im folgenden Video vorgeführt.
Bandpassfilter sind in der Messtechnik besonders interessant, weil man oft ein Signal künstlich bei einer bestimmten Frequenz erzeugt. So kann man z.B. einen Streulichtsensor mit einer gepulsten Lichtquelle mit Frequenz f bauen, und weiss damit dass das Nutzsignal aus dem Streulichtdetektor ebenfalls bei dieser Frequenz sein muss. Andere Frequenzen im Signal können "entsorgt" werden, d.h. man benützt dann ein sehr schmalbandiges Bandpassfilter um die Frequenz \(f\) (schmalbandig heisst: es lässt ausser der Frequenz \(f\) nur einen ganz kleinen weiteren Frequenzbereich durch).
Da das Signal im Wesentlichen ein verrauschter Sinus ist, bedeutet das dass es im Spektrum rechts oben einen deutlichen Peak hat bei der Frequenz des Sinus, und dazu hat es noch Rauschen das aus allen möglichen Frequenzen besteht. Das Rauschen ist hauptsächlich bei höheren Frequenzen als der Sinus selber (es "zappelt" wild innerhalb der Periode des Sinus). Dies sieht man im Spektrum als alle möglichen Frequenzen > der Signalfrequenz selber.
Im Frequenzbereich wird nun ein Tiefpassfilter angewendet, der dort einfach einer Multiplikation entspricht, und man landet rechts unten. Da der Tiefpassfilter Frequenzen grösser der Grenzfrequenz mit zunehmender Frequenz immer stärker dämpft, findet man noch ein bisschen etwas vom Rauschen übrig bei Frequenzen gerade neben dem Sinus, aber die hohen Frequenzanteile sind weg.
Transformiert man das Signal zurück, so findet man nun fast einen perfekten Sinus, weil die höherfrequenten Rauschanteile weg sind. Der Vergleich zum Originalsignal im Zeitbereich zeigt auch eine kleine Phasenverschiebung, wie erwartet.
Ich habe Ihnen schon letztes Mal, und heute nochmals zu Beginn dieses Unterrichtsblocks dieses Bild mit einem Signal mit Störungen gezeigt. Nachdem Sie jetzt ganz viel gehört haben über die Frequenzanalyse - wie würden Sie das Signal bearbeiten um die Störungen loszuwerden? Seien Sie möglichst spezifisch, geben Sie z.B. auch die Grenzfrequenz des Filters an den Sie verwenden würden (x-Achse in cs beachten).
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Lösen Sie zum Schluss bitte noch Übung 9 zum Thema Frequenzanalyse