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4 Messsignale und ihre Eigenschaften
In diesem Unterrichtsblock lernen Sie mehr über Messsignale: wir haben bisher gesehen wie man ein Sensorsignal digitalisieren kann, und wie man
den ADC wählen muss damit eine gewünschte Auflösung erreicht wird. Wenn man mehr als eine solche Messung macht, dann erhält man ein Signal als
Funktion der Zeit, und die Wahl des ADC bestimmt die Auflösung auf der y-Achse. Doch was ist mit der x-Achse (Zeit)? Gibt es da auch Anhaltspunkte
dafür wie oft man ein Signal messen soll (Messfrequenz)? Was kann man mit dem Signal sonst noch alles tun?
4.1 Messsignale
Schauen Sie als Einleitung dazu das Video.
Theorie
Einleitung
Bisher haben wir meistens einzelne Messungen betrachtet (z.B. die Messung einer konstanten Temperatur), die eventuell wiederholt wurden, sowie statische Kennlinien (wie die des Pt100); Nun wollen wir Messungen anschauen, in denen eine veränderliche Grösse (z.B. Temperatur oder Abstand) als Funktion der Zeit erfasst werden – so dass man Messsignale hat (wie bereits im Beispiel der Sprungantwort der Temperatursensoren gesehen). Dort haben wir bereits festgestellt, dass die Reaktionszeit des Sensors Messfehler verursachen kann. Nun werden wir sehen dass bei der Signalerfassung zusätzliche Fehler durch zu langsames Abtasten des Signals entstehen können. Im ersten Teil dieses Kapitels betrachten wir Messsignale (d.h. Messwerte als Funktion der Zeit, T(t), p(t) etc.) und ihre Eigenschaften. Es handelt sich in dieser Vorlesung typischerweise um die Signale, die aus dem Messverstärker kommen, die Überlegungen sind aber relativ allgemein und nicht nur auf die Messtechnik beschränkt; vor allem aber gelten sie für alle Sensoren, ganz unabhängig vom Sensortyp, und können darum überall angewendet werden.
Messsignale
Ein Messsignal kann irgendeine Funktion der Zeit sein, und wir überlegen in diesem Abschnitt zunächst ganz allgemein, was für Eigenschaften ein derartiges Signal haben kann.
Klassifikation von Signalen
Es gibt unzählige Signale – fast alle sind verschieden. Wir können sie dennoch in verschiedene Klassen einteilen, wie in der untenstehenden Abbildung gezeigt.
Deterministische und nichtdeterministische Signale
Wenn wir ein Signal analytisch beschreiben können, so nennen wir es deterministisch. Mittels der analytischen Beschreibung kann das Signal für alle Zeiten (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) bestimmt werden. Deterministische Signale sind meist leicht zu ergzeugen, behandeln, identifizieren und messen. Ein Beispiel für ein deterministisches Signal ist die Netzspannung im Wechselstromnetz.
Falls das Signal nicht analytisch beschreiben werden kann, jedoch über Kennwerte (z.B. Mittelwert, Standardabweichung) und Kennfunktionen (z.B. Spektrum) gewisse Aussagen über das Signal gemacht werden können, so nennen wir es nichtdeterministisch. Insbesondere sind Prognosen für genaue Messwerte in der Zukunft unmöglich, Wahrscheinlichkeitsangaben für die Messwerte hingegen schon.
Beispiele dafür sind Börsenkurse, das Wetter, eine Serie von Zahlen beim Würfeln, die Körpergrösse von einer Gruppe von Menschen usw. Viele nichtdeterministische Signale sind eigentlich deterministisch, hängen aber von so vielen Variablen auf komplizierte Art und Weise ab, dass sie doch zufällig wirken (Beispiel Wetter).
Gemischte Signale
In der Messtechnik beobachten wir sehr häufig eine Kombination von deterministischen Signalen – den eigentlichen Messsignalen (Nutzsignal), und zufälligen Signalen, Störungen und Rauschen (Störsignal). Die Herausforderung besteht nun darin, aus dem gemessenen gestörten Signal das Nutzsignal möglichst genau zu rekonstruieren. Dabei werden Filtertechniken eingesetzt, die auf die Eigenschaften von Nutz- und Störsignal zugeschnitten sind.
Störsignal 50Hz
Wird mit einem Multimeter hochohmig mit „offenen“ Leitungen (Laborkabeln statt Koaxialkabeln) gemessen, so ist auf dem Messsignal garantiert eine 50Hz-Störung zu finden. Da man aber genau weiss, dass es ein Störsignal genau bei 50Hz ist, kann man es leicht unterdrücken. Schauen Sie das Video unten, und lösen Sie die Aufgaben dazu!
Aufgaben zum Video
Wie kann man im Multimeter das Störsignal bei 50Hz unterdrücken? Beachten Sie: die Amplitude vom Signal kann unterschiedlich gross sein (mal grösser, mal kleiner - je nach Lage zum nächsten Netzkabel), sicher ist nur dass es immer genau die Frequenz von 50 Hz hat. Sie brauchen also eine mathematische Operation die aus einem Sinus mit 50 Hz eine Null macht - fällt Ihnen dazu aus der Analysis etwas ein?
Lösung anzeigen
Wenn man das Signal immer über 1/50 Sekunde = 20ms mittelt, dann ist der Mittelwert der Störung 0 und wird unterdrückt! Oder mathematischer ausgedrückt: das Integral einer
Sinusschwingung über eine Periode ist 0 (man könnte natürlich auch über N Perioden mitteln).
Was passiert wenn Sie mit einem Multimeter das über 1/50s mittelt nach Amerika gehen? Was müsste man tun?
Lösung anzeigen
In Amerika hat das Stromnetz eine Frequenz von 60Hz statt 50Hz bei uns. Darum müsste man dort über 1/60s = 16.67ms mitteln! Es gibt aber keinen Umschaltknopf am Multimeter
für 50/60Hz Unterdrückung...
Wenn man in den USA misst, muss man über 16.67ms mitteln, in Europa über 20ms - und wenn man umgekehrt in den USA über 20ms und in Europa über 16.67ms mittelt geht es nicht. Doch natürlich soll das Multimeter an beiden Orten
funktionieren.
Wie kann das Multimeter sowohl in den USA wie in Europa die Netzfrequenz-Störung unterdrücken? (Tipp: auch wenn man über mehrere ganze Perioden des Signals mittelt bekommt man 0 - denken Sie ans KGV!)
Lösung anzeigen
Tischmultimeter die am Stromnetz angeschlossen sind, können die Netzfrequenz messen und entsprechend die Integrationszeit der Netzfrequenz anpassen. Handmultimeter
die batteriebetrieben sind können das hingegen nicht.
Die Lösung für Handmultimeter kommt aus der Mathematik (ist sie nicht nützlich?): Man mittelt über das KGV von 1/50 und 1/60s, d.h. über 1/10s = 5 Perioden im europäischen und 6
Perioden im amerikanischen Netz.
Beachten Sie: in diesem Beispiel war die Störung (fast) exakt bekannt, und darum ist es möglich eine genau auf die Störung angepasste Form der Signalverarbeitung zu benützen. Es
gibt natürlich auch Störungen die nicht derart deterministisch sind, und dann ist es generell schwieriger sie zu eliminieren!
Stationäre Signale
Ein Signal (deterministisch oder nicht!) heisst stationär, wenn einige oder alle seiner Kennwerte und Kennfunktionen unabhängig von der Zeit sind (bzw unabhängig von Ort, Frequenz etc). Einige Beispiele sind unten abgebildet.
Insbesondere transiente (vorübergehende) Signale wie Ein- und Ausschaltvorgänge sind nicht stationär. Auch hier sind einige Beispiele abgebildet:
Da Messungen nie ewig dauern, kann man nie ganz sicher sein ob ein Signal wirklich stationär ist. Ist ein Signal mindestens für die Zeitdauer der Messung stationär, so nennt man es auch quasistationär.
periodische Signale
Ein periodisches Signal \(x(t)\) wiederholt sich endlos und vollständig – nach einer bestimmten Zeit \(T\) (der Periodendauer) ist es wieder genau gleich. Es gilt also die Periodizitätsbedingung:
Welche Ihnen bisher bekannten Eigenschaften hat darum ein periodisches Signal?
Lösung anzeigen
Es ist deterministisch und stationär
Grundfrequenz
Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel eines periodischen Signals (aber ein bisschen komplexer als ein einfacher Sinus):
Das periodische Signal hat eine Grundfrequenz f und es gilt: \(f = 1/T\) Oft wird anstelle der Frequenz \(f\) auch die Kreisfrequenz \(\omega\) gebraucht. Sie gibt an, wie gross das Bogenmass auf dem Einheitskreis ist, das pro Zeiteinheit überstrichen wird. Da in einer Periode das Bogenmass \(2 \pi\) überstrichen wird, ist die Kreisfrequenz \(\omega\) genau \(2 \pi \) mal grösser als die Frequenz: \( \omega = 2 \pi f\).
Beispiele periodischer Vorgänge
In der Natur gibt es viele periodische Vorgänge, z.B. Tag/Nacht, Jahreszeiten, Puls, Sonnenaktivität usw.
Harmonische Signale
Harmonische Signale sind Spezialfälle periodischer Signale; sie sind reine Sinusfunktionen (oder reine Cosinusfunktionen – es spielt keine Rolle):
Beachte: auch ein konstantes Signal ist ein harmonisches Signal, mit Frequenz 0. Harmonische Signale kommen oft vor, z.B. bei Rotationsbewegungen von Maschinen, Spannungen und Strömen in der Wechselstromtechnik, Trägersignalen in der Kommunikationstechnik (UKW), reinen Tönen und Lichtwellen. Harmonische Signale bleiben beim Durchgang durch lineare Systeme (Systeme mit einer linearen Übertragungsfunktion) weiterhin harmonisch. Ist das System hingegen nichtlinear, so entstehen Oberwellen und Gleichrichtung – es hat im Ausgangssignal einen konstanten Anteil + Frequenzen mit ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz (s. Übungsaufgabe nichtlineare Kennlinie).
Kontinuierliche und diskrete Signale
Ein kontinuierliches Signal \(x(t)\) kann jeden beliebigen Wert annehmen. Ein diskretes Signal hingegen kann nur abzählbar viele Werte annehmen – zum Beispiel die Augenzahl eines Würfels.
Reale Vorgänge erzeugen fast immer kontinuierliche Signale, diskrete Signale entstehen also meistens künstlich.
Diskretisierung
Die Erzeugung eines diskreten Signals aus einem koninuierlichen Signal heisst Diskretisierung. Für ein Signal \(x(t)\) spricht man von
Abtasten (Englisch sampling) bezüglich der unabhängigen Variablen \(t\) (der Zeit), mit Samplingintervall \(\Delta t\)
Quantisieren (Englisch quantisation) bezüglich der abhängigen Variable \(x\), mit Quantisierungsintervall \(\Delta x\).
Die folgende Abbildung vergleicht kontinuierliche und diskrete Signale.
Wie die obige Abbildung zeigt, können Signale auch gemischt kontinuierlich/diskret sein. Beispiele von wertkontinuierlichen Signalen sind die Auslenkung eines schwingenden Bauteils, der Blutdruck, die Dicke eines Stabs. Beispiele von wertdiskreten Signalen sind die Leuchtstärke einer Glühbirne (ein/aus; binäres Signal, zweiwertiges Signal); die Position des Minutenzeigers einer SBB-Uhr (60 mögliche Werte), das Spannungssignal eines Niveauwächters (zu hoch, zu tief, in Ordnung) – ein dreiwertiges (ternär, Englisch ternary) Signal.
Bei der Diskretisierung geht offenbar Information verloren. Je höher die Abtastrate ist, bzw je kleiner das Quantisierungsintervall ist, desto mehr Daten fallen an. Man strebt bei der Diskretisierung also einen Kompromiss an zwischen Genauigkeit und zu erfassender Datenmenge, und muss sich fragen: wie hoch muss die Abtastfrequenz wirklich sein? Wie genau muss der Wert diskretisiert werden, bzw wie hoch darf der Quantisierungsfehler sein?
Diskretisierung im Wertebereich
Die Diskretisierung im Wertebereich ist uns als Digitalisierung im Kapitel 3 bereits begegnet, und Sie haben dort schon gelernt wie Sie den richtigen ADC-Typ für eine gegebene Anforderung bezüglich Auflösung auswählen können. Neben der eigentlichen Digitalisierung gibt es auch noch den Begriff der Klassierung der zum Beispiel für ein Histogramm verwendet wird, in dem verschiedene Werte in eine Häufigkeitsklasse eingeteilt werden. Auch dieser Begriff ist uns aus dem Alltag bekannt: In einer Prüfung können zwei Studierende eine leicht unterschiedliche Punktzahl erreichen, aber dieselbe Note erhalten, weil sie in derselben Notenklasse landen. Es gibt also drei Arten von Signalen bezüglich Wertediskretisierung:
Wertkontinuierliche Signale
Wertdiskrete Signale
Wertdiskrete und klassierte Signale.
Interessant ist: Der Aufwand der Diskretisierung wächst im Wertebereich logarithmisch mit der Genauigkeit – will man eine doppelt so gute Auflösung im Wertebereich, so reicht 1 bit zusätzlicher Information aus – mit 16 bit hat man doppelt so viel Auflösung wie mit 15 bit, obwohl die Menge an Information die gespeichert werden muss nur 16/15 mal grösser ist.
4.2 Abtasten & Abtasttheorem
Schauen Sie als Einstieg zum Thema Abtasten zwei Videos die schön zeigen dass man bei "zu kleiner" Abtastfrequenz ungewollt (Kutsche) oder gewollt (Schlauch) seltsame
Effekte sieht!
Im Gegensatz dazu wächst der Aufwand der Diskretisierung im Zeitbereich linear mit der Genauigkeit – will man eine doppelt so gute Auflösung im Zeitbereich, so müssen doppelt soviele Messwerte aufgenommen werden. Ein zeitdiskretes Signal existiert nur zu den Zeitpunkten t = 0, ±Δt, ±2Δt, ±3Δt, ... dazwischen ist es undefiniert. Normalerweise wird das zeitdiskrete Signal zwischen zwei Samplingzeitpunkten als konstant angenommen – eine Realisierung dazu ist die „Sample and Hold“ Schaltung:
Fehler beim zeitlichen Abtasten
Beim zeitlichen Abtasten können 3 Typen von Fehlern unterschieden werden:
Öffnungsfehler (Englisch aperture error): Das erfassen des Signals dauert eine endliche Zeit. Falls sich das Signal in dieser Zeit zu stark verändert, so entsteht ein Fehler.
Fensterfehler (windowing error): Signale können nur für eine bestimmte Zeit erfasst werden. Falls dieses Zeitfenster zu kurz ist, kann man etwas Relevantes übersehen.
Zu tiefe Abtastfrequenz (Aliasing error; der mit Abstand Wichtigste der drei Fehler): Ist die Abtastfrequenz zu tief gegenüber den im Signal auftretenden Frequenzen, so erscheinen im abgetasteten Signal falsche Frequenzen. Es gibt eine Mindestfrequenz, mit der ein Signal abgetastet werden muss, damit dies nicht passiert, die durch das Abtasttheorem gegeben ist.
Abtasttheorem
Das Abtasttheorem ergibt sich aus der folgenden Fragestellung: Gegeben ist ein harmonisches Signal der Frequenz \(f\). Wir wollen es nun abtasten, und – im Wissen darum dass es ein harmonisches Signal ist – vollständig rekonstruieren. Wie hoch muss dazu die Samplingfrequenz sein?
Ohne Beweis: Das Abtasttheorem lautet: die Samplingfrequenz \(f_S\) muss mehr als doppelt so gross sein als die maximale Frequenz \(f_{max}\) eines Signals:
\(f_s > 2 f_{max}\)
Die folgende Grafik zeigt, was passiert wenn man nicht schnell genug abtastet („undersampling“): Ein harmonisches Signal wird nur zu bestimmten Zeiten abgetastet (Kreise in der Grafik). Verbindet man die so gemessenen Punkte mit einer Linie, so erhält man eine falsche Vorstellung des Signals!
Aufgabe
Berechnen Sie für die Abbildung oben: wie gross sind...
Die Frequenz \(f_S\) des harmonischen Signals?
Die Samplingfrequenz / Tastfrequenz / Abtastfrequenz \(f_T\)?
das Verhältnis der Samplingfrequenz \(f_T\) zu der Frequenz \(f_S\) des harmonischen Signals?
Tipp anzeigen
Zählen Sie wie viele Perioden vom Signal Sie in 0.05s sehen; Zählen Sie wie oft das Signal in diesem Intervall abgetastet wurde.
Lösungen anzeigen
Ich sehe 5 Perioden im Intervall von 0 bis 0.05s, also hat das Signal eine Frequenz von 100 Hz. Ich sehe 7 Messpunkte in demselben Intervall, d.h. 6x die Zeit zwischen zwei Abtastungen. Die Tastfrequenz beträgt also 120Hz. Das Verhältnis von Tastfrequenz zu Signalfrequenz beträgt damit 1.2, das ist weniger als 2, das Abtasttheorem ist verletzt, und darum ist es nicht erstaunlich dass die durch Verbinden der Messpunkte "gedachte" Signalform falsch ist!
Das Abtasttheorem in der Praxis
Laut Theorie muss man ein Signal der Frequenz \(f\) mit einer Tastfrequenz \(f_T > 2f\) abtasten, und alles wird gut. Ich zeige Ihnen in der Video-Demo dass
dies in der Praxis keine gute Idee ist.
Anhand der Demo erkennen wir, dass das Abtasttheorem etwas theoretischer Natur ist: Ein harmonisches Signal kann rekonstruiert werden wenn mit einer Frequenz grösser als der doppelten Signalfrequenz abgetastet wird; dies ist jedoch aufwändig. Will man ohne komplizierte Rekonstruktion auskommen, so sollte man deutlich schneller Abtasten, z.B. mit der zehnfachen Signalfrequenz. Allgemein lässt sich feststellen, dass man bei der Auswahl eines Datenerfassungssystems lieber ein paar Franken mehr bezahlt für ein etwas schnelleres System, als später die ganze Datenerfassung auswechseln zu müssen. Es ist immer schön, wenn man ein wenig Reserve im System hat! Daneben gibt es noch einen weiteren Grund für ein „zu schnelles“ System: durch höherfrequentes Abtasten kann man mit Mittelwertbildung die Auflösung der Datenerfassung verbessern.
Aufgabe
Was für eine Frequenz beobachten Sie im Video wenn ich 94 Hz einstelle? (3:24 im Video)
Was für eine Frequenz beobachten Sie im Video wenn ich 99,100,210, 320, 490, 501 Hz einstelle? (3:39ff im Video)
Lösungen anzeigen
Man beobachtet folgende Frequenzen 6, 1, 0, 10, 20, 10, 1 Hz bei den Einstellungen 94, 99, 100, 210, 320, 490, 501 Hz.
Auffällig ist: man sieht niemals Frequenzen grösser als \(f_T / 2\).
Aufgabe
Versuchen Sie eine allgemeine Gesetzmässigkeit zu formulieren! Was für eine Frequenz \(f\) sieht man im Versuch wenn Signalfrequenz \(f_S\) und Tastfrequenz \(f_T\) gegeben sind? Tipp: es ist schwierig eine Gleichung für die sichtbare Frequenz \(f\) anzugeben, versuchen Sie es in Worten zu formulieren.
Lösung anzeigen
In Worten lautet die Lösung: man sieht immer die Differenz der Signalfrequenz zu der nächsten ganzzahligen Vielfachen der Tastfrequenz.
4.3 Oversampling und Dithering
In diesem Abschnitt bespreche ich zwei interessante Tricks bei der Datenerfassung, die einem auch mit weniger guter Hardware erlauben bessere Messungen zu machen als man denkt.
Überabtasten (Oversampling)
In einem früheren Kapitel haben wir bereits gesehen, dass bei der Analog-Digital-Wandlung eines Messbereichs M mit einem N-Bit-ADC eine Auflösung \(\Delta x \approx M/2^N\), sowie ein maximaler Quantisierungsfehler von \(\Delta Q \approx M/2^{N+1}\) entsteht. Diese Gleichungen gelten jedoch nur für eine Einzelmessung. Man kann nun mehrere Messungen mitteln und erhält dadurch eine höhere Auflösung.
Als einfachstes Beispiel betrachten wir einen 1-Bit-Wandler, bei dem die 0 dem Signal 0V entspricht, die 1 dem Signal 1V – das System kann also zwei Werte annehmen. Messen wir nun zwei Werte, so gibt es die vier Möglichkeiten 00, 01, 10, 11. Interpretieren wir nun 00 als 0V, 01 sowie 10 als 0.5V sowie 11 als 1V, so sehen wir dass nun 3 Messwerte möglich sind. Wir haben also eine höhere Auflösung erhalten.
Allgemein gilt, dass für eine Erhöhung der Auflösung um N Bit \(4^N\) mehr Samples nötig sind. Man erkennt, dass bei einer Erhöhung der Auflösung auf diese Art die effektive Abtastrate immer kleiner wird („Trade-off“). Es lohnt sich also auch darum, ein etwas schnelleres DAQ-System als nötig zu haben, da die zusätzliche Geschwindigkeit möglicherweise in eine höhere Genauigkeit bei der Diskretisierung „eingetauscht“ werden kann. Allerdings ist dies nicht immer der Fall:
Dithering
Betrachten wir ein Signal, das zwischen zwei möglichen Werten des ADC oszilliert, und zwar mit einer Amplitude die deutlich kleiner als die ADC-Auflösung ist. Wird das Signal N Mal abgetastet, so resultiert auch N Mal derselbe Wert – man gewinnt in diesem Fall durch das Überabtasten („Oversampling“) nichts!
Damit das Überabtasten etwas bringt, müssen die einzelnen Messwerte unterschiedlich sein. Ist das Signal stärker verrauscht (mit einer Rauschamplitude von etwa 1LSB, d.h. etwa von der Auflösung des ADC), so ergeben sich nicht immer dieselben Messwerte, und das Überabtasten funktioniert. Falls die Rauschamplitude zu klein ist, so kann man sie künstlich erzeugen – gewisse DAQ-Systeme mit tiefer Auflösung haben einen zuschaltbaren Rauschgenerator. Das Verfahren ist als „Dithering“ bekannt.
Das folgende Video zeigt Ihnen anhand von einem simulierten 3-Bit Wandler was man mit Dithering und Oversampling erreichen kann. Der Wandler wird mit einem Oversampling von 16 Werten betrieben so dass er laut Skript eine
effektive Auflösung von 5 Bit erreichen kann - aber paradoxerweise nur wenn es ein Rauschen auf dem Messsignal hat.
Normalerweise ist das Rauschen der Feind des Messtechnikers, aber beim Oversampling geht es nicht ohne Rauschen!
Aufgabe
Bei welchem Wert des Rauschens scheint Ihnen die gemittelte Kurve optimal?
Lösung anzeigen
Das Optimum sollte dort sein wo man gerade genug Rauschen hat damit die Stufen ganz verschwunden sind - mehr Rauschen
bringt nichts mehr, ausser mehr Rauschen auch im gemittelten Signal. Es ist im Video nicht so klar zu erkennen wo das Optimum ist. Bei etwa 2:54 (Rauschen mit Standardabweichung 0.3) glaube ich die Stufen ganz leicht zu erkennen. Ein bisschen mehr wäre also gut.
Laut Bedienungsanleitungen von Datenerfassungssystemen kann man oft dem Messsignal extra per Hardware ein bisschen Rauschen hinzufügen, und dort wird üblicherweise ein Rauschen von 0.5x das "Least Significant Bit" (LSB) hinzugefügt; in unserem
Beispiel also ein Wert von 0.5.
Beispiel für Oversampling
Im nächsten Video versuche ich ein Thermoelement vom Typ K (das einen Übertragungswert von ca. \(g \approx 40 \mu V/K\) hat mit einem
billigen (ca 300 CHF) Datenerfassungssystem (National Instruments NI USB-6009) aufzunehmen.
Aufgabe
Das Datenerfassungssystem hat einen 14 bit ADC und einen Messbereich von -10...10V. Wie gross ist die Auflösung \(\Delta U\) der
Spannungsmessung? Wie gross ist darum die Auflösung \(\Delta T\) bei der Temperaturmessung mit diesem System? Halten Sie das
Datenerfassungssystem für geeignet für Thermoelement-Messungen?
Lösungen anzeigen
Für \(\Delta U = M / 2^N \) erhält man 1.22 mV, was etwa 30 °C entspricht. Man kann also damit lediglich in Stufen von
±30°C messen, und das System ist offensichtlich ungeeignet für eine Thermoelement-Messung.
Ausser man denkt ans Oversampling.... Schauen Sie im Video ob das funktioniert!
Aufgaben
Ich habe im Video jeweils über 1024 Messwerte gemittelt - wie viel kleiner sollte das Rauschen des Mittelwerts verglichen mit dem Rauschen auf der Messdatenreihe dadurch werden?
(Tipp Standardabweichung des Mittelwerts vs Standardabweichung der Messdatenreihe aus glaL!).
Lösung anzeigen
Die Standardabweichung des Mittelwerts ist um Wurzel N kleiner als die Standardabweichung der Messdatenreihe, das Oversampling
mit Faktor 1024 sollte also eine Reduktion des Rauschens um Wurzel 1024 = Faktor 32 bringen.
Kontrollieren Sie ob das stimmt indem Sie das Peak-to-Peak-Rauschen der beiden Grafiken vergleichen.
Lösung anzeigen
In der oberen Grafik sehe ich etwa 7 Stufen des ADC die aktiv sind, d.h. vom kleinsten zum grössten Wert sind es 6 x 1.22 mV = 7.32 mV. Interessant übrigens: Peak-to-Peak entspricht etwa 6 Standardabweichungen einer Messdatenreihe - wenn man das weiss
kann man durch einen schnellen Blick auf eine Messdatenreihe die Standardaweichung schätzen und die Leute die den Trick nicht
kennen ins Staunen versetzen!
In der unteren Grafik darf man natürlich nur den Teil anschauen bevor ich das Thermoelement berühre; dort ist der Peak-to-Peak-Wert etwa 0.00015 V, oder 0.15mV; etwa 1/50stel des ungemittelten Werts - es passt also einigermassen, aber nicht ganz. Der Grund dafür ist dass die schnelle Abschätzung via Peak-to-Peak nur gilt wenn man "genug" Datenpunkte hat (etwa 1000).
Da es in der unteren Grafik viel weniger Werte hat ist die Peak-to-Peak-Abschätzung zu klein!
Für alle die Statistik besuchen und schon von der Normalverteilung gehört haben: warum??
Wie viel wärmer ist die Hand des Dozenten als sein Büro?
Lösung anzeigen
Ohne Hand misst man etwa -0.45mV, mit Hand etwa -0.1mV, eine Differenz von etwa 350µV - dies entspricht etwa 9°C und ist
für einen normalen Menschen (??) und einen normalen Raum durchaus realistisch.
Das Beispiel mit dem Oversampling + Dithering wirkt ein bisschen konstruiert - Sie haben ja extra gelernt wie man ein
Datenerfassungssystem so auswählt dass sie die Anforderungen die man hat erfüllen kann, ohne dass man solche Anstrengungen
unternimmt. Doch sehr oft ist diese Technik tatsächlich nützlich: Wer beispielsweise mit einem Arduino arbeitet, hat einen
Messbereich von 5V mit einem 10-Bit-ADC, d.h. eine Auflösung von lediglich 4.9mV. Trotzdem kann man auch mit dem Arduino
dank Oversampling sehr viel genauer messen als man meint. Ein anderes Beispiel sind die eingebauten ADCs von Mikrocontrollern
(Prozessoren für Elektronikentwicklung, z.B. in den Nanopartikelmessgeräten meiner Firma): meist haben die auch eine
beschränkte Auflösung (12 Bit für 0-3.3V), und durch Oversampling kann man deutlich genauer messen. In diesen Beispielen ist
man von der Hardware her beschränkt und kann nicht einfach ein besseres Datenerfassungssystem kaufen. Und last but not least
sind die Datenerfassungssysteme mit weniger Auflösung billiger als diejenigen mit mehr Auflösung, dank Oversampling kann man
vielleicht die nächstgünstigere Variante kaufen. Natürlich macht man dabei einen Tradeoff: die verbesserte Auflösung im
Wertebereich wird durch eine schlechtere Zeitauflösung erkauft.
4.4 Analoge und digitale Signale
Der Wert einer physikalischen Grösse besteht aus einem Zahlenwert und einer Einheit
X = {X} * [X]
Analoge Signale bilden den Zahlwert {X} einer Grösse auf einer physikalischen Trägergrösse ab, zum Beispiel als eine Spannung, Strom, Druck etc. Bei digitalen Werten wird {X} nicht direkt abgebildet, sondern codiert, üblicherwese als Binärdarstellung. Es besteht also nicht eine Analogie zwischen Wert und Abbild, sondern ein Code. Digitale Grössen lassen sich daher auch nicht grafisch darstellen!
Vorteile der Analogtechnik
Die Analogtechnik hat folgende Vorteile:
Sie ist für einfache Aufgaben leichter umsetzbar
Es gibt prinzipiell einen unendlichen Wertevorrat (kontinuierlich)
Sie ist anschaulicher, Trends im Signalverlauf können von Auge verfolgt werden
Gewisse Schaltungen können schneller sein (Umsetzung analog-digital entfällt)
Vorteile der Digitaltechnik
Die Digitaltechnik hat folgende Vorteile:
Bei komplexen Aufgaben ist sie billiger
Es kann eine höhere Genauigkeit erreicht werden
Es entstehen keine subjektiven Ablesefehler
Signalverknüfpungen und Signalverarbeitung ist einfach
Signale sind leicht speicherbar
Signale sind wenig anfällig auf äussere Störungen
Beispiel: TTL
TTL steht für Transistor-Transistor-Logik und ist einer von mehreren Standards für digitale Signale. Bei TTL sind folgende Spannungsniveaus definiert:
Logisch 1: U > 2.0V
Logisch 0: U < 0.8V
Typische Outputs der Bausteine sind U < 0.4V für logisch 0, U > 2.4V für logisch 1.
Damit beträgt der „Störabstand“ 0.4V, d.h. wenn das digitale Signal um beispielsweise 0.2V verfälscht ist, so ist es immer noch korrekt, was bei einem analogen Signal nicht der Fall ist. Darum verwendet man digitale Signale auch immer gerne dann, wenn Signale übertragen werden müssen.
Digitalisierung
Die Umsetzung eines kontinuierlichen Signals in ein digitales Signal erfolgt in einem Analog-Digital-Umsetzer (ADU, Englisch analog digital converter, ADC). Der ADC übernimmt das Abtasten, Halten, Quantisieren und Codieren. ADCs werden gemäss ihrer Bitauflösung bezeichnet, z.B. ein 8-bit-ADC. Die Digitaltechnik spielt bei der Signalerfassung mit Sensoren keine Rolle, ist aber bei der Weiterverarbeitung der Daten, d.h. Übertragung, Berechnung von Kennwerten, Filterung gestörter Daten usw sehr wichtig.
4.5 Typische Signale in der Messtechnik
Stromausgang
Sehr viele Sensoren geben als Signal nicht eine Spannung aus, sondern einen Strom, und zwar meistens im Bereich von 0-20 oder 4-20 mA. Man kann sofort folgende Fragen dazu stellen:
Warum gibt er nicht eine Spannung aus (Erinnern Sie sich: die Spannungsmessung ist eigentlich die genauste Messung, da sie die Grundmessung des digitalen Multimeters ist)?
Warum ist der Ausgang nicht 0-50mA (oder sonst eine Zahl)?
Einheitssignale
Zur Standardisierung der Messwertverarbeitung hat man sogenannte Einheitsssignale definiert – viele Sensoren liefern als Ausgang solche Einheitssignale, damit die Messwertverarbeitung für verschiedene Sensoren einheitlich gelöst werden kann. Beispiele für solche Einheitssignale sind:
Stromsignale:
0...20 mA (toter Nullpunkt)
4...20 mA (lebender Nullpunkt, live zero)
Spannungssignale
0...10 V
Pneumatische Signale
0.2 ... 1 bar
Ist das Signal beim Messwert 0 nicht gleich 0 (4...20mA, 0.2...1 bar), so spricht man vom lebenden Nullpunkt. Der Vorteil dabei ist, dass eine Sensorstörung (z.B. Drahtbruch, undichte Druckleitung) zu einem unzulässigen Wert führt, und damit die Störung erkannt werden kann. Pneumatische Signale verlieren an Bedeutung – man hat sie beispielsweise in explosionsgefährdeteten Bereichen eingesetzt, wo elektrische Signale gefährlich sein können. Mit sogenannt eigensicheren Sensoren gibt es aber heute auch elektrische Lösungen für diesen Bereich.
Vorteil des Stromsignals
Das Stromsignal hat gegenüber dem Spannungssignal gewisse Vorteile bezüglich Störempfindlichkeit. Betrachtet man den Messaufbau als Ganzes, so ist der Sensor oft weit entfernt von der Messdatenauswertung, und braucht Zuleitungen. Gibt der Sensor nun eine Spannung aus, so fällt auf der Leitung und möglicherweise an Kontakten ein Teil dieser Spannung ab, da ein kleiner Messstrom fliesst (Über den Innenwiderstand Ri des Messgeräts). Das gemessene Signal hängt daher von der Leitungslänge ab! Man kann dies verhindern, indem der Innenwiderstand des Messgeräts gross gewählt wird (typisch bei Multimetern ist ein Innenwiderstand von der Grössenordnung Megaohm), man spricht dann von einem hochohmigen Messkreis. Hochohmige Messkreise sind aber besonders empfindlich auf Einkopplungen von Störungen kapazitiver Art.
Beim Stromsignal liefert der Sensor unabhängig von der Leitungslänge (mindestens solange der Leitungswiderstand nicht zu gross wird, so dass der Sensor nicht mehr genug Spannung produzieren kann um den Strom zu treiben) ein korrektes Signal. Die Messung erfolgt über einen Messwiderstand, der viel kleiner (niederohmiger) ist als im Multimeter, so dass kapazitive Störungen viel weniger gut einkoppeln können (ich habe das jeweils im Labor vorgeführt, kann es dieses Jahr aber nicht gut zeigen – nehmen Sie das bitte einfach zur Kenntnis).
Will man bei sehr grossen Leitungslängen und einem Umfeld mit grossen elektromagnetischen Störungen messen, so kann das Signal auch optisch übermittelt werden.
Induktive Störungen
Bekanntlich kann in einer Leiterschleife durch ein Magnetfeld eine Spannung induziert werden (Induktionsgesetz, induzierte Spannung proportional zu der zeitlichen Änderung des magnetischen Flusses). Leitungen sind daher so auszulegen, dass möglichst kleine Leiterschleifen entstehen, damit der magentische Fluss, der proportional zu der Fläche ist, klein bleibt (verdrillte Kabel! Englisch „twisted pair“).
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass Stromsignale zu leitungsunabhängigen Messignalen führen, weniger empfindlich auf kapazitive Einkopplungen sind, und ein Fehlerzustand (Kabelbruch) leicht erkannt werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass ein Sensor der Hilfsenergie braucht, über die 4mA Ruhestrom gleich mit Hilfsenergie versorgt werden kann. Sensoren mit Stromsignalen sind darum besonders im industriellen Umfeld (lange Leitungen, viele Störungen) beliebt. Der Trend geht allerdings auch dort zu Sensoren, die direkt digitale Signale produzieren, die ganz störungsunempfindlich sind.
Zusammenfassung
In diesem Unterrichtsblock haben Sie nach dem schon behandelten Thema ADC / Digitialisierung noch "den Rest" der Themen
gelernt die man kennen muss um erfolgreich Daten digital zu erfassen. Sie wissen nun, dass Sie auf die Samplingfrequenz
achten müssen, dass Sie "falsche" Frequenzen messen können wenn das Samplingtheorem verletzt ist. Sie wissen, dass Sie als Faustregel idealerweise mit etwa 10x höherer Frequenz abtasten als der Signalfrequenz; Sie wissen auch dass
Sie mit Überabtasten einen Teil Ihrer Zeitauflösung gegen eine bessere Signalauflösung "eintauschen" können.
Die Digitalisierung und Datenerfassung sind heute der absolute Standard, da digitale Signale störungsunempfindlich
übertragen werden können, im Gegensatz zu Analogsignalen. Darum ist es wichtig, dass Sie die Themen rund um die
Digitalisierung gut beherrschen and richtig anwenden können.
Lösen Sie zum Schluss bitte noch Übung 8 zum Thema Signale.